Datenanalyse: Von Big Data zu Smart Data
Das jährliche Wachstum der weltweiten Datenmenge hat astronomische Dimensionen erreicht und stellt Unternehmen damit noch immer vor Herausforderungen: Wie lassen sich aus dieser unglaublichen Masse an Daten die wirklich wichtigen Filtern – und was fangen die Unternehmen mit ihnen an? Während Big Data schon lange Realität ist, wird an vielen Stellen nach wie vor nach Lösungen gesucht, um daraus nutzbare Smart Data zu gewinnen.
Das Datenvolumen wächst – wie seine wirtschaftliche Bedeutung
Die weltweit produzierte Datenmenge vervielfacht sich nach Expertenschätzungen alle zwei Jahre, das jährliche Volumen generierter Daten bewegt sich dabei längst im Zettabyte-Bereich: Laut International Date Corporation (IDC) lag es 2018 bei 33 Zettabyte, das entspricht 33 Billionen Gigabyte. Die Tendenz ist stark steigend, die IDC erwartet für 2025 nicht weniger als 175 Zettabyte, die in nur einem Jahr generiert werden.
Big Data ist deshalb ein Thema, an dem Unternehmen nicht vorbeikommen, unabhängig von Größe oder Branche. Entsprechend hoch ist also die Relevanz: Laut einer Umfrage halten 97 Prozent der Unternehmen Big Data für relevant. Das deckt sich mit Ergebnissen des Branchenverbands Bitkom, nach denen Big Data für deutsche Unternehmen die wichtigste digitale Technologie darstellt, noch vor dem Internet of Things, Robotik und mit weitem Abstand zum Megatrend Künstliche Intelligenz.
In der Praxis zeigt sich jedoch vielfach ein anderes Bild. Obwohl die Bedeutung von Daten bekannt ist und Pläne zur strategischen Nutzung bestehen, bleiben Umsetzungen im täglichen Geschäftsalltag eine Herausforderung. Lediglich acht Prozent der Unternehmen erfassen Daten systematisch und schöpfen daraus einen Mehrwert.
Mehr als bloße Datenflut: Was Big Data eigentlich ist
Die gewaltigen Datenmengen, die untrennbar mit dem Begriff Big Data verbunden sind, machen aber letztlich nur einen Teil der charakteristischen Eigenschaften aus. Tatsächlich geht es um deutlich mehr als nur das Volumen, denn „Big“ sind die Daten in unterschiedlicher Hinsicht.
Datenmenge/Volumen
Der Umfang der verfügbaren und generierten Daten ist die naheliegendste Assoziation im Zusammenhang mit Big Data. Unerheblich ist dabei, ob diese Daten einem Unternehmen von außen zufließen oder firmenintern entstehen – bei einem ansteigenden Grad digitaler Vernetzung wird in den meisten Fällen beides zutreffen. Zu Big Data werden Datensätze dann, wenn sie mit herkömmlichen Mitteln zur Speicherung, Verarbeitung und Analyse nicht mehr gehandelt werden können.
Datenvielfalt/Variety
Nicht nur der Umfang der Daten ist heutzutage groß, sondern auch deren Vielfalt. Unterschiedliche Eingabesysteme und Anwendungen produzieren neben den üblichen Sprach-, Bild- und Textdaten eine Vielzahl weiterer Datenstrukturen und -formate.
Geschwindigkeit und Datenauswertung/Velocity
Ein kritischer Aspekt im Hinblick auf potenzielle Wettbewerbsvorteile ist die Schnelligkeit, mit der gewonnene und/oder gesammelte Daten ausgewertet werden können. Datenanalyse in (annähernder) Echtzeit sind möglich und zugleich die Grundlage für ein agiler und flexibleres Handeln – unter anderem gegenüber der Konkurrenz.
Datenquellen/Reach
Woher kommen die Daten überhaupt? Bei der Frage nach der Datenherkunft schließen sich unmittelbar weitere an:
- Welche Daten sind bereits im Unternehmen vorhanden?
- Welche dieser Daten werden schon aktiv genutzt, welche nicht?
- Woran liegt es, dass bestimmte Daten bislang ungenutzt geblieben sind?
Dazu kommen unter Umständen externe Daten. Wichtig für eine zielgerichtete Datennutzung ist die Überlegung, welche Daten für welche Entscheidung notwendig sind.
Komplexität/Variability
Als zusätzliche Herausforderung zu Volumen und Vielfalt der Daten müssen Unternehmen sich mit einer zunehmenden Komplexität auseinandersetzen. Für ein erfolgreiches Data Mining im Big Data-Umfeld braucht es große Rechenleistungen, um überhaupt effizient Muster und Zusammenhänge finden zu können, aus denen sich Handlungsentscheidungen ableiten lassen.
Die Relevanz von Big Data in Unternehmen
Das Bewusstsein für die Potenziale von Big Data ist in deutschen Unternehmen durchaus vorhanden, konkrete Auswirkungen hat das aber bislang eher vereinzelt. Dabei liegen wichtige Daten aus zentralen Unternehmensbereichen in vielen Firmen vor:
- Die finanzielle Lage und die wirtschaftlichen Aussichten werden laut Commerzbank-Studie in zwei Dritteln der Unternehmen systematisch erfasst, weitere neun Prozent planen dies zu tun.
- Die Auslastung der Ressourcen und die Lagerbestände gehören immerhin noch für mehr als die Hälfte der Betriebe (55 Prozent beziehungsweise 54 Prozent) bereits zur Datenerfassung.
- Spezifischere interne Daten, etwa zu Absatzschwerpunkten wie Regionen, Zielgruppen oder Warengruppen, behandeln aber schon weniger als die Hälfte der Unternehmen (48 Prozent) systematisch.
Noch mehr Handlungsbedarf besteht bei externen Daten, die sich beispielsweise auf die Kundenzufriedenheit, individuelle Kundenprofile oder die individuelle Produktnutzung beziehen. Kundenzentrierte Entscheidungen sind auf dieser Grundlage nur sehr bedingt zu treffen, was sich folgerichtig auf die „Customer Journey“ auswirkt, die die Unternehmen ihren Kunden bieten können – oder eben nicht.
Dabei ist das nur ein Aspekt, in dem die systematische Nutzung von Big Data Vorteile bereithält. Deloitte hat einige der Vorteile von zielgerichteten Data Analytics zusammengetragen:
- Die Datenanalyse kann nicht nur Aufschluss über den Zustand des eigenen Unternehmens geben, sie ermöglicht gleichzeitig weitreichende Informationen zum geschäftlichen Umfeld, in dem sich eine Firma bewegt. Dazu gehört ebenfalls, anhand des Datenmaterials frühzeitig Perspektiven zu erkennen und die Unternehmensstrategien dahingehend anzupassen.
- Durch die Echtzeit-Analyse können Entscheidungen somit proaktiv getroffen werden, statt nur auf Entwicklungen in der Branche oder am Markt zu reagieren.
- Das gesamte Leistungsmanagement lässt sich mit Analytics verbessern, hinsichtlich Mitarbeiter, Technologien, Prozessen und Unternehmensführung.
- Eine Vielzahl an Prozessen lässt sich auf Basis von Datenanalyse und Künstlicher Intelligenz automatisieren. Das gilt für jeden datengestützten Geschäftsbereich im Energiemanagement. Selbstverständlich lassen sich aber auch die Abläufe im Finanz- und Rechnungswesen, bei den Kundenbeziehungen etc. optimieren.
Insgesamt lässt sich mit Analytics eine effizientere Prozesssteuerung erreichen, die wiederum einen stärkeren Fokus auf Entscheidungen von größerer Relevanz erlaubt.
Grundsätzlich stärken Big Data und Analytics also die Agilität eines Unternehmens. Vor dem Hintergrund ständiger Veränderungen der Marktsituation in allen Branchen kann so ein ausreichendes Maß an Flexibilität erreicht werden: Firmen behalten damit mehr Spielraum, um auf neue Umstände reagieren zu können – oder sie gestalten diese dank vorherigen Analysen gleich mit.
Voraussetzungen schaffen für Smart Data
Gelingen kann dies aber nur, wenn die Unternehmen den notwendigen digitalen Wandel vorantreiben. Hierfür gibt es immer noch zahlreiche Hemmnisse: Datenschutzrechtliche Bedenken sorgen für Unsicherheit beim Erfassen und Speichern von Daten, Investitionen in die erforderliche IT-Infrastruktur werden gescheut oder sind nicht realistisch, es fehlt an den benötigten Fachkräften.
Dass es sich dennoch lohnt, die bisherigen Versäumnisse in puncto Big Data nachzuholen, zeigt nicht nur die enorme Bandbreite für die Nutzung der analysierten Daten. Es zeigt sich vor allem daran, dass Smart Data-Nutzer ihre wirtschaftliche Lage gegenüber Wettbewerbern, die diese Technologien nicht einsetzen, erheblich verbessern können. Innovative Unternehmen sind in der Lage, ihre Datenbestände effektiv zu nutzen und in Wettbewerbsvorteile umzumünzen.
Für die digitale Wertschöpfung mittels Big Data oder Smart Data müssen aber dementsprechende Voraussetzungen in verschiedenen Bereichen geschaffen werden:
- Ziele und Strategien
Diese Aufgabe fällt in der Regel der Unternehmensführung zu, die gleichzeitig wichtige Impulse für den firmeninternen digitalen Wandel setzt. Denn neben den konkreten Zielsetzungen (neue Geschäftsmodelle erschließen, Wachstum bestimmter Unternehmenssegmente steigern oder ähnliche) werden an diesem Punkt bereits die notwendigen Mittel erarbeitet.
- Business Cases
Daran anschließend können präzisere Business Cases für die Datennutzung aufgestellt werden. Hierbei geht es darum, die Informationen festzulegen, die aus den vorhandenen Daten gezogen werden sollen.
- Technologien
Ohne eine ausreichende technologische Ausstattung lassen sich Strategien und Business Cases nicht oder nur sehr schwer realisieren. Big Data stellt ganz eigene Anforderungen an die Technologie, sowohl an die Hardware wie auch an die Software. Speicherkapazitäten, Anwendungen, Vernetzung – solche Aspekte müssen perspektivisch bedacht werden, um an technische Veränderungen jederzeit anknüpfen zu können.
Die gewünschten Veränderungen innerhalb der Geschäftsprozesse oder -modelle benötigen zudem aber ein entsprechendes Verständnis für die Daten, die diesen Veränderungen zugrunde liegen. Die Analyse-Abteilungen müssen wissen, welche Daten relevant sind und welche Schlüsse sie aus diesen ziehen können. Erst die Interpretation der Daten liefert Überblick, Erkenntnisse und Prognosen für wichtige Entscheidungen. Ohne diese Interpretation kann Big Data nicht zu Smart Data werden.
Bild 1: Adobe Stock © Irina Strelnikova
Bild 2: Adobe Stock © Rymden
Bild 3: Adobe Stock © Gorodenkoff
Fragen zum Thema?