Audits und ihre fehlende Anerkennung


Wer kennt dieses Problem nicht: als QMB-Beauftragter oder Auditor ist man für die Überprüfung der firmeneigenen Prozesse verantwortlich – sowohl in rechtlicher, als auch in prozesstechnischer Hinsicht. In der Regel verlaufen die meisten Audits ohne große Probleme in einer freundlichen Atmosphäre ab. Doch was tut man, wenn dem nicht so ist?

Als praxisnahes Beispiel wählen wir einen Zulieferer aus der zivilen Luftfahrt. Unterteilt in unterschiedliche Firmenbereiche, werden Bauteile für große Passagiermaschinen gefertigt. Das Unternehmen unterliegt den Bestimmungen der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA). Diese hat die Aufgabe, einheitliche Standards im Bereich der Sicherheits- und Umwelttechnik zu erstellen und zu überwachen. Das Unternehmen hat also besonders hohe Ansprüche an Fertigungsqualität und Zuverlässigkeit.

Unser Auditor hat die Aufgabe, sowohl mit Kunden & externen Beauftragten, als auch intern regelmäßige Qualitätsaudits in den Firmenbereichen durchzuführen. Das Problem: in einer Abteilung herrscht reger Widerstand. Die Ansprechperson des Auditors ist (wie man so schön sagt) ein notorischer “Besserwisser”. Mängel in der Prozesskette werden nicht anerkannt, Lösungsvorschläge abgeblockt. Ein weiteres Problem ist, dass der Auditor nicht über das gleiche detaillierte Fachwissen im Bereich der Fertigung verfügt. Dadurch können einige Einwände nicht umgehend plausibilisiert werden. Bei der anschließenden Besprechung mit der Geschäftsleitung werden die aufgenommenen Mängel herabgestuft – der gute Draht zwischen Führungsetage und dem Abteilungsleiter tut sein Übriges. Was also an Stelle des Auditors unternehmen? Folgende Problemfelder offenbaren sich bei Audits ab und an:

  1. Es fehlt an fundiertem Fachwissen in allen Bereichen der Fertigung
  2. Der auditierte Mitarbeiter ist eine sehr einnehmende und ausdrucksstarke Persönlichkeit
  3. Persönliche Beziehungen zwischen Teilen der Führungsetage und der betroffenen Person stehen einer objektiven Beurteilung im Wege

Problem 1: Fehlendes Fachwissen bei Audits

Es wäre unmöglich für den Auditor in jedem Firmenbereich ein Experte zu sein – das kann auch keiner von ihm verlangen. Viel mehr ist der Auditor Beobachter, der eine fragende Rolle einnimmt. Missstände werden erfasst, also in welchem Bereich weicht etwas von einer vorgegebenen Norm ab? Vereinbarte Maßnahmen werden anschließend auf Ihre Wirksamkeit hin überprüft. Als Auditor sollte man sich klar positionieren. Stellen Sie klar, dass Sie es für unangemessen halten, auf Detailfragen bei der Fertigung einzugehen. Es gibt einen Soll-Zustand und wenn der Ist-Zustand von diesem abweicht, können Sie beratend und unterstützend tätig werden. Es ist aber Aufgabe der Abteilung, ein Produkt in der gewünschten Qualitätsstufe abzuliefern. Damit nicht der Eindruck entsteht, man weise nur auf Probleme hin und arbeite nicht lösungsorientiert, hier eine kleiner Tipp: merken Sie sich ein Problem (in unserem Beispiel aus der Fertigung) und gehen Sie im Anschluss zu einem Mitarbeiter Ihres Vertrauens und versuchen Sie eine Lösung zu finden. Mit einem Lösungsvorschlag in der Tasche können Sie bilateral nochmal auf den kritischen Mitarbeiter zugehen und ihm mitteilen, dass Sie sich Gedanken über sein Problem gemacht hätten und vllt. Lösung xyz ihm weiterhelfen würde. Sie kommen ihm entgegen und konfrontieren ihn mit einer Sache, mit der er nicht gerechnet hätte: Ihrer Hilfe.

Problem 2: Autorität

Auch wenn Kontrollen erst einmal helfen und unterstützen sollen, werden sie doch für gewöhnlich als störender Zwang wahrgenommen. In der Regel ändert sich das Bild nach den ersten Minuten, wenn man merkt, dass einem Fehler nicht direkt angekreidet werden. Da es aber ein Prozess zwischen mindestens zwei Personen ist, kann es natürlich auch zu zwischenmenschlichen Spannungen kommen. In unserem Praxisbeispiel hat der Auditor das Problem, sich zu behaupten, seine Stellung klar zu machen und sich selbst und seine Arbeit zu positionieren. Ein Audit soll in erster Linie zwar eine gemeinsame Arbeit sein, aber hin und wieder stößt man an seine Grenzen, vor allem wenn die Person gegenüber partout “alles besser weiß”. Unser Tipp: stellen Sie klar, warum Sie vor Ort sind. Es gibt Vorschriften und Regelwerke. Diese sind dafür da, zu unterstützen und anzuleiten – ein Ergebnis aufzuzeigen. Sie stellen Abweichungen fest, damit man frühzeitig reagieren kann. Hat Ihr Gegenüber eine besondere Herangehensweise zur Problemlösung, können Sie diese akzeptieren. Somit erreichen Sie auf partnerschaftlicher Ebene den konstruktiven Weg zur dokumentierten Ursachenanalyse, so dass ein Audit nicht eskaliert. Sie zeigen in diesem Fall Kompetenz als Auditor und Ihre soziale und persönliche Qualität. Jedoch haben Sie auch das Recht, Dinge in Frage zu stellen. Halten Sie jedoch unbedingt alles dokumentarisch fest!

Problem 3: Beziehungen

Sie können als Auditor noch so gut sein, wenn jedoch Ihre Ergebnisse durch bilaterale Absprachen oder Gefälligkeiten verfälscht werden, untergräbt dies Ihre eigene Arbeit. Wenn Sie i.d.R. an die Geschäftsleitung berichten und diese Ihre Ergebnisse und Empfehlungen kippt, werden Sie öffentlichkeitswirksam in Frage gestellt. An dieser Stelle können Sie nur ein klärendes Gespräch suchen. Schützen Sie vor allem sich selbst und halten Ihre Ergebnisse, Empfehlungen und Schlussfolgerungen fest – inkl. Abänderungen, die womöglich von anderer Stelle aus vorgenommen werden. Wenn möglich, empfiehlt es sich auch einmal einen unabhängigen zweiten Auditor mitzunehmen. Wenn dieser Ihre Ergebenisse ebenfalls feststellt, kann man Sie gar nicht mehr umgehen. Vor allem in einer sensiblen Branche wie z.B. der Luftfahrt, können kurze Schriftstücke mit dem Hinweis auf Gefahren weiterhelfen.

Fazit

Merken Sie im Rahmen eines Audits, dass die Stimmung kippt und die Situation zu eskalieren droht, seinen Sie so selbstbewusst und brechen alles (dokumentiert) ab. Führen Sie anschließend ein klärendes Gespräch mit Ihren Vorgesetzten, um sich deren Rückendeckung zu sichern. In einem nächsten Überwachungsaudit empfiehlt es sich, eine weitere Kontrollinstanz mitzunehmen. Externe Ergebnisse und Sichtweisen können bisweilen helfen, Probleme unkritisch anzusprechen (Stichwort Betriebsblindheit). Vor allem aber stärken Sie Ihre Position, wenn andere die gleichen Rückschlüsse ziehen. Lassen Sie sich nicht entmutigen, denken Sie immer daran, alles zu dokumentieren und suchen Sie Gespräche mit den einzelnen Parteien.

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