Kanban


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Kanban

Kanban-Definition

Kanban ist das japanische Wort für Karte oder Zeichen. Ein Kanban dient als Informationsträger, der ein Produkt während der Fertigung begleitet und die notwendigen Arbeitsanweisungen enthält. Zudem kann ein Kanban die Belieferung mit neuem Material auslösen. Es gibt verschiedene Kanban-Arten, die im Rahmen eines Systems sicherstellen, dass die benötigten Güter in der erforderlichen Menge und zum richtigen Zeitpunkt produziert werden (Tominagu, 1996).

Historische Entwicklung von Kanban

Das ursprüngliche Kanban-System wurde 1947 von Taiichi Ohno bei der japanischen Toyota Motor Corporation entwickelt. Die damals unzureichende Produktivität im Vergleich zu amerikanischen Wettbewerbern war ein Beweggrund. Ohno brachte die Idee folgendermaßen auf den Punkt: „Es sollte möglich sein, den Materialfluss in der Produktion nach dem Supermarkt-Prinzip zu organisieren, das heißt, ein Verbraucher entnimmt aus dem Regal eine Ware bestimmter Spezifikation und Menge; die Lücke wird bemerkt und wieder aufgefüllt.“

Die gestiegenen Kundenerwartungen bezüglich Produktionsgeschwindigkeit und Lieferbereitschaft sowie die engeren Zuliefererbeziehungen zwischen Unternehmen stellten eine neue Herausforderung dar, für die eine passende Lösung gefunden werden musste. Insbesondere in Japan verursachten hohe Lagerbestände an Roh- und Halbfertigmaterialien hohe und kostenintensive Lagerbestände. Um diese Kosten zu minimieren, suchte man nach einer flexiblen und effizienten Fertigungsmethode. Diese fand man im Kanban-Verfahren, welches bestehende Verfahren der Produktionssteuerung und Intralogistik ersetzte, während die eigentliche Produktion unverändert blieb.

Das Konzept der kurzfristigen Disposition wurde daraufhin von zahlreichen japanischen Unternehmen übernommen, an die jeweiligen Anforderungen angepasst und schließlich im gesamten Toyota-Konzern eingeführt. In den 1970er Jahren adaptierten und implementierten Unternehmen in den USA und Deutschland dieses Steuerungskonzept. Die Bedeutung des Wortes Kanban, das „Schild“ oder „Kärtchen“ bedeutet, ist eng mit Toyota und Japan verbunden. Diese Karten sind Grundelemente dieser Produktionsplanungs- und -steuerungssystematik und dienen der einfachen Informationsweiterleitung.

Vorteile von Kanban gegenüber zentraler Produktionssteuerung

Traditionelle, zentral gesteuerte Planungssysteme der Produktionssteuerung planen den gesamten Materialbedarf bis ins kleinste Detail voraus. Die einzelnen Produktionsstellen haben jedoch kaum Möglichkeiten, bei Schwankungen im Durchsatz den Materialfluss anzupassen. Die daraus resultierende Unflexibilität und Trägheit bei kurzfristigen Änderungen erfordert eine hohe Vorratshaltung, was wiederum hohe Lagerhaltungskosten verursacht.

Im Gegensatz dazu bietet Kanban eine hohe Flexibilität und Anpassungsfähigkeit bei kurzfristigen Bedarfsänderungen. Die zeitnahe Informationsweiterleitung ermöglicht es, unnötige Lagerbestände zu reduzieren und die Durchlaufzeiten zu verkürzen. Kanban eignet sich besonders für Unternehmen mit geringer Variantenvielfalt und relativ konstantem Verbrauch, bei denen Lagerkosten ein großer Kostenfaktor sind. Mit moderner Informationstechnik kann Kanban auch bei größerer Variantenvielfalt oder langen Lieferketten sinnvoll verwendet werden, allerdings ist hier ein höherer Planungs- und Koordinationsaufwand erforderlich.

Kanban fördert die Nutzung autonomer Regelkreise in der Produktionssteuerung, was den Steuerungsaufwand reduziert und die Transparenz der Prozesszusammenhänge erhöht. Voraussetzung ist jedoch eine sorgfältige Anpassung der lokalen Ketten und des Erzeugnisspektrums an die Kanban-Methode.

Jedoch ist Kanban für Einzelprodukte, Sonderaufträge oder Projektfertigung weniger geeignet, da hier die benötigte Standardisierung des Produktionsprogramms fehlt.

Ein weiterer Vorteil von Kanban gegenüber herkömmlichen Produktionsplanungs- und -steuerungssystemen (PPS-Systemen) ist die leichtere Bewältigung von Just-in-Time (JIT)-Aufträgen aufgrund des hohen Maßes an Flexibilität und Liefertreue. Darüber hinaus kann die gesteigerte Verantwortung und Qualifizierung innerhalb der Regelkreise die Mitarbeitermotivation erheblich steigern.

Zusammenfassend bietet Kanban im Vergleich zur zentralen Produktionssteuerung eine höhere Flexibilität und Anpassungsfähigkeit bei kurzfristigen Bedarfsänderungen, reduzierte Lagerhaltungskosten, eine verbesserte Transparenz der Prozesszusammenhänge sowie eine gesteigerte Mitarbeitermotivation.

Kanban-Ziele

Die Hauptziele von Kanban-Systemen lassen sich in mehrere Kategorien unterteilen:

  1. Reduzierung von Lagerbeständen: Durch eine effizientere Steuerung des Materialflusses und bedarfsgerechte Produktion werden unnötige Lagerbestände vermieden. Dies führt zu einer Verringerung der Kapitalbindung und somit zu Kosteneinsparungen.

  2. Erhöhung der Flexibilität: Kanban ermöglicht es, schnell auf geänderte Bedarfsmengen oder Kundenanforderungen zu reagieren. Durch die bedarfsorientierte Produktion können Unternehmen ihre Ressourcen effizienter nutzen und gleichzeitig flexibel auf Marktschwankungen reagieren.

  3. Lieferbereitschaft und -zuverlässigkeit: Kanban-Systeme sorgen dafür, dass die benötigten Materialien und Güter zur richtigen Zeit und in der richtigen Menge zur Verfügung stehen. Dies trägt dazu bei, dass die Lieferbereitschaft und -zuverlässigkeit verbessert wird, was wiederum die Kundenzufriedenheit erhöht.

  4. Qualität und Effizienz: Durch die kontinuierliche Verbesserung der Prozesse und die ständige Identifizierung von Verschwendung reduziert Kanban die Ausschussquoten, die Nacharbeit und zusätzliche Transporte. Diese Verbesserungen führen zu einer höheren Qualität und Effizienz der gesamten Produktion.

  5. Reduzierter Planungsaufwand: Da Kanban auf autonomen Regelkreisen und einer dezentralen Steuerung basiert, entfällt ein großer Teil des Planungsaufwands, der bei zentral gesteuerten Systemen anfällt. Dadurch können Ressourcen eingespart und die Effizienz gesteigert werden.

  6. Sekundäre Effekte: Die oben genannten Ziele führen zu einer Reihe von positiven sekundären Effekten, wie einer verbesserten Lieferbereitschaft, geringeren Ausschussquoten und weniger Nacharbeit. Diese Effekte tragen dazu bei, die Gesamtkosten und den Ressourcenverbrauch weiter zu reduzieren und die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu steigern.

Zusammenfassend verfolgt Kanban das Ziel, Lagerbestände zu reduzieren, die Kapitalbindung zu minimieren und die Flexibilität zu erhöhen, ohne dabei die Lieferbereitschaft, Qualität oder Effizienz zu beeinträchtigen. Gleichzeitig soll der Planungsaufwand reduziert werden. Die erreichten Verbesserungen in Bereichen wie Lieferbereitschaft, Ausschussquoten und Nacharbeit sind positive sekundäre Effekte, die ebenfalls zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit beitragen.

 

Voraussetzungen für die Anwendung von Kanban

Kanban verlangt von Unternehmen unter Umständen eine Vielzahl von Veränderungen, um dieses Materialsteuerungssystem wirksam einzuführen. Takeda nennt sieben essenzielle Voraussetzungen, die vor dem Einsatz von Kanban unbedingt erfüllt sein müssen.

Aufbau einer Fließfertigung

Das Produktionsprogramm muss in gleichmäßigen Fluss gebracht werden. Das heißt, der Standardisierungsgrad der Produkte muss erhöht und die Produktion streng getaktet werden.

Verkleinerung der Losgrößen

Um eine Just-in-time-Produktion zu erreichen und eine Senkung der Lagerbestände zu erzielen, muss von der herkömmlichen Optimierung der Losgrößen Abstand genommen werden. Ziel hingegen muss die Vermeidung von Überproduktion sein, um eine bedarfsgemäße Produktion zu verwirklichen. Rüstkosten sind hierbei eher zu vernachlässigen.

Geglättete Produktion

Da sich die Kanban-Systematik über mehrere Produktionsstufen erstreckt, ist die Vermeidung großer Schwankungen und die genaue Planung der Produktion auf der letzten Stufe äußerst wichtig. Jede unvorhergesehene Schwankung würde sich auf die vorgelagerten Stufen übertragen und zu Belastungen führen, was wiederum Pufferbestände oder Pufferkapazitäten nach sich ziehen und somit Verschwendung darstellen würde.

Verkürzung und Vereinheitlichung der Transportzyklen

Die Reduzierung von Lagerbeständen erfordert einen erhöhten Transportaufwand. Damit die Produktion durch ausbleibende Vorprodukte nicht ins Stocken gerät, ist sicherzustellen, dass der Materialtransport von der vorgelagerten zur nachfolgenden Stelle stets nach dem logistischen Prinzip erfolgt.

Kontinuierliche Produktion

Durch Kanban soll eine konsequente Auslastung der Produktionsstellen erreicht werden. Dies muss durch eine geeignete Dimensionierung und Standardisierung des Kanban-Systems erfolgen. Jedoch müssen auch Fälle wie Sonderaufträge berücksichtigt werden können.

Bestimmung der Adressen

Da der Materialfluss im Kanban-System durch Karten gesteuert wird, benötigt jede produzierende und verbrauchende Stelle sowie jedes Pufferlager und jeder Artikel eine eindeutige Bezeichnung, womit eine genaue Zuteilung der Karten, Materialien und Behälter möglich wird. Diese Systematik muss so transparent und einfach wie möglich gehalten werden, um Fehler zu vermeiden.

Konsequentes Behältermanagement

Behälter erfüllen beim Transport mehrere Aufgaben. So stellen sie unter anderem den beschädigungsfreien Transport der Produkte sicher und geben über Anzahl und Art des Inhaltes Aufschluss. Bei der Wahl des Behälters ist auf die Bedürfnisse des nachfolgenden Prozesses zu achten, und es ist eine möglichst kleine Behältergröße zu wählen.

Weiterhin sind hohe Qualität der Vorprodukte in Verbindung mit einer ausgeprägten Qualitätssicherung Schlüsselvoraussetzungen für ein funktionierendes Kanban-System, da durch die niedrigen Lagerbestände eine Kompensation von Schlechtteilen zu Stockungen im Produktionsablauf führen kann. Deshalb muss ein Qualitätsmanagement-System implementiert werden, welches aus automatischen Qualitätskontrollen, Selbstkontrolle durch die Mitarbeiter und aus Prozesskontrollen besteht.

Eignung für die Kanban-Fertigung

Kanban ist als Steuerungsinstrument für die Produktion nicht in jedem Fall geeignet. Neben den genannten Voraussetzungen für den Einsatz von Kanban muss insbesondere die Erzeugnisstruktur auf Kanban ausgerichtet sein. Hier sind die wichtigsten Kriterien, die erfüllt sein müssen:

  • Es eignen sich besonders Produkte mit hohem Wertanteil und hoher mengenmäßiger Vorhersagegenauigkeit, geringen Nachfrageschwankungen (AB/XY-Artikel) und niedrigem Anteil an Sonderwünschen. Eine große Variantenvielfalt, Einzelfertigung oder häufige Produktänderungen können für die Kanban-Systematik hingegen problematisch werden und sind daher weniger gut geeignet.
  • Im Fertigungsbereich sind nur Produktionsstätten geeignet, die sich durch relativ konstante und niedrige Rüstzeiten, qualifiziertes Personal sowie ausreichende und relativ flexibel disponierbare Kapazitäten auszeichnen.
  • Wenn Kanban zur Steuerung des externen Einkaufes verwendet werden soll, sind sowohl die Eignung der Zulieferer zu hoher Liefertreue als auch eine gleich bleibend hohe Qualität ausschlaggebend.

Sind die Voraussetzungen und die Kriterien nicht erfüllt, ergeben sich Probleme, die das Scheitern einer Einführung des Kanban-Systems zur Folge haben können. Daher ist es von eminenter Wichtigkeit, diese Punkte im Vorfeld kritisch zu begutachten und bei Bedarf Änderungen in den Abläufen vorzunehmen.

Einsatzgebiete von Kanban

Kanban-Systeme eignen sich besonders gut für die folgenden Anwendungsgebiete:

  1. Einstufige Produktionstiefe: Bei der Endproduktfertigung kann Kanban zur effizienten Versorgung von Fertigungseinrichtungen mit Teilen aus dem Lager eingesetzt werden. Eine alleinige Reduzierung des Lagerbestands ist in diesem Fall jedoch nicht möglich.

  2. Vielseitige Fertigungsbereiche: Kanban kann in den meisten Fertigungsbereichen unabhängig davon eingesetzt werden, ob die Teile aus dem Lager entnommen oder erst gefertigt werden müssen. Für standardisierte Produkte mit geringer Variantenvielfalt und relativ konstanter Nachfrage ist Kanban besonders geeignet.

  3. Reihenfertigung: Kanban ist besonders für die Reihenfertigung geeignet, bei der eine kontinuierliche Produktion von Gütern stattfindet.

Kanban ist jedoch ungeeignet für:

  1. Einzelfertigung: Bei der Produktion von Einzelstücken oder Sonderanfertigungen ist Kanban weniger geeignet, da hier die benötigte Standardisierung des Produktionsprogramms fehlt.

  2. Einkauf von Rohmaterial und Teilen: Kanban ist nicht zur Abwicklung des Einkaufs von Rohmaterialien und Teilen geeignet.

  3. Sperrige Teile: Bei sperrigen Teilen, die in Lkw- oder Containergröße angeliefert werden, wie beispielsweise Verpackungen, ist Kanban ebenfalls ungeeignet.

Funktionsweise eines Kanban-Systems:

In einem Kanban-System holt der nachfolgende Prozess (Senke) die benötigten Materialien vom Pufferlager des vorgelagerten Prozesses (Quelle) zur richtigen Zeit und in der notwendigen Menge ab. Das Kanban-System orientiert sich am Produktionsplan der letzten Fertigungsstufe und liefert der vorgelagerten Produktionseinheit bei Unterschreitung eines vorher definierten Mindestbestandes (Meldebestand) die Information zur Produktion des benötigten Nachschubes.

Diese Information wird im klassischen Kanban-System durch Kanban-Karten übermittelt, die mit den gefüllten Transportbehältern von der vorgelagerten Stelle bei der Senke ankommen. Die Quelle ist verantwortlich für die rechtzeitige Bereitstellung des benötigten Materials nach Eingang der Kanban-Karte im Regelkreis.

Sobald der Inhalt des Behälters verbraucht ist, wird die Kanban-Karte in eine Kanban-Sammelbox gelegt. Diese wird periodisch geleert und deren Inhalt entsprechend der Beschreibung an die Quellen verteilt. Mit Erhalt der Kanban-Karte beginnt die erzeugende Stelle mit der Produktion der auf der Karte festgelegten Art und Menge des Materials und lagert diese in Kanban-Behältern. Sobald der Kanban-Behälter mit der geforderten Menge gefüllt ist, wird er mit der Kanban-Karte in das Pufferlager der Quelle transportiert, von dem aus sich die Senke selbst versorgt.

Dieser Zusammenhang stellt einen selbststeuernden Regelkreis dar, der sich den aktuellen Anforderungen an das Material über die Kanban-Karten anpasst. Oft wird dieses System auch mit einem Supermarkt verglichen, bei dem sich die Kunden (Senken) selbst bedienen und das Personal (Quellen) für ausreichende Bestände in den Regalen (Pufferlager) sorgt. Erreicht die verbrauchende Stelle wieder den Meldebestand, beginnt der Zyklus von Neuem.

In größeren Fertigungsstätten muss das Holen der Teile (und damit die automatische Bedarfsmeldung) durch ein selbstständiges innerbetriebliches Transportwesen erfolgen. Moderne Informationstechnologie kann dabei helfen, den Planungs- und Koordinationsaufwand zu bewältigen, insbesondere wenn es um größere Variantenvielfalt oder längere Lieferketten geht.

 

Generell unterscheiden lassen sich das Zweikartensystem, welches mit Produktions- und Transport-Kanbans arbeitet, und das Einkartensystem, welches sich der Transportbehälter als Hilfsmittel bedient.

Während das Zweikartensystem vorwiegend in der innerbetrieblichen Produktion Anwendung findet, wird die Einkartensystematik aufgrund der einfacheren Handhabung häufig für die Steuerung in Zusammenarbeit mit externen Zulieferern eingesetzt.

Damit eine ausreichende Anzahl von Kanban-Karten im System vorhanden ist, ermittelt ein Kanban-Koordinator im Vorfeld die benötigte Zahl der Karten und passt diese gegebenenfalls geänderten Umständen an. Grundsätzlich gilt für die Anzahl der Kanban-Karten im System die Regel, dass ausreichend Material zirkulieren muss, um die im Wiederbeschaffungszeitraum auftretenden Bedarfsmengen zu decken.

Kanban-Regeln

Um ein reibungsarmes Funktionieren des Kanban-Systems sicherzustellen, ist die Einhaltung verbindlicher Regeln unerlässlich. Diese sind im Einzelnen:

Die Senke darf nur so viel Material anfordern, wie sie benötigt.
Das bedeutet, dass nur Material mit zugehörigen Kanban-Karten im Umlauf sein darf.
Die Senke darf nicht vorzeitig Material anfordern.
Eine Missachtung dieser Regel würde zu Störungen im Produktionsablauf führen, da alle Kapazitäten sehr eng aufeinander abgestimmt sind.
Die Quelle darf nicht auf Vorrat produzieren.
Dies würde ebenfalls zu Überschreitungen in den Produktionskapazitäten führen.
Die Quelle muss für einwandfreie Qualität der Teile sorgen.
Mangelnde Qualität führt auf Grund der minimalen Lagerbestände zu Produktionsverzögerungen bei den nachfolgenden Stellen.
Der Kanban-Koordinator hat für eine gleichmäßige Belastung der Produktionsstellen zu sorgen.
Ohne gleichmäßige Belastung lassen sich Ziele wie niedrige Lagerbestände und optimaler Materialfluss nicht realisieren.
Der Kanban-Koordinator sorgt für eine möglichst geringe Anzahl von Kanban-Karten.
Jede einzelne Karte stellt gebundenes Material dar, welches Kosten in Form von Lagerhaltung und Transport erzeugt.

Zur Einhaltung dieser Regeln sind die Mitarbeiter, die in hohem Maße an den Funktionen des Kanban-Systems beteiligt sind, zu schulen, und die strikte Beachtung dieser Grundvoraussetzungen muss von den Mitarbeitern auch akzeptiert werden.

Kanban & Lean Management

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Kanban – Lean ManagementOPEX

Elemente und Hilfsmittel der Kanban-Steuerung Kanban-Karten

Kanban-Karten sind im klassischen Kanban-System das primäre Steuerungselement und der grundlegende Informationsträger, der alle für Produktion, Lagerung, Einkauf und Transport von der Quelle zur Senke relevanten Daten enthält. Dazu gehören unter anderem:

  • Artikelnummern / Identifizierungsnummern
  • Angaben über Art und Füllmenge der Transportbehälter
  • Bezeichnungen der Quellen und Senken
  • Arbeitsanweisungen / Qualitätsdaten
  • Nummer der Kanbankarte

Generell lassen sich sechs Arten von Kanban-Karten unterscheiden:

  1. Produktions-Kanban
  2. Transport-Kanban
  3. Einkaufs-Kanban
  4. Laufkarten-Kanban
  5. Lager-Kanban
  6. Sonder-Kanban

Produktions-Kanban

Diese Kanbans lösen einen Auftrag zur Produktion des auf der Karte genannten Materials aus und werden dem Material beigelegt, das sich im Pufferlager der Senke befindet. Sobald die Senke Material aus dem Pufferlager entnimmt, wird das Produktions-Kanban an die Quelle weitergeleitet, woraufhin der Produktionsauftrag ausgelöst wird.

Falls das erzeugte Material im selben Regelkreis bestellt wird, kann das Produktions-Kanban gleichzeitig als Transportauftrag von der Quelle zur Senke dienen. Wichtig ist, dass gemäß den aufgeführten Kanban-Regeln keine Produktion ohne Produktions-Kanban erfolgen darf, da sonst die Produktion nicht mehr verbrauchsgesteuert ist.

Transport-Kanban

Sobald eine Senke einen Behälter vollständig verbraucht hat, bezieht sie durch die Weiterleitung eines Transport-Kanbans Nachschub aus dem Pufferlager. Dort wird das dem Transportbehälter beiliegende Produktions-Kanban durch das Transport-Kanban der Senke ersetzt und das benötigte Material wird gemäß den Informationen auf der Karte der Senke zugeführt. Das Transport-Kanban dient somit als innerbetrieblicher Transportauftrag. Gleichzeitig wird das dem Kanban-Behälter beiliegende Produktions-Kanban an die Quelle geschickt, um eine Nachproduktion auszulösen.

Kanban-Behälter

Alternativ zur Kartensystematik können Kanban-Regelkreise auch über die für den Materialtransport notwendigen Behälter gesteuert werden. Hierbei werden alle benötigten Informationen direkt an den Transportbehältern angebracht, und die Steuerung der Produktion erfolgt durch Beobachtung der verbrauchten Behälter. Dadurch entsteht der Produktionsauftrag bei Eingang eines leeren Behälters bei der Quelle (Behälter-Kanban). Unabhängig von der Steuerung mittels Zweikartenkanban oder Behälterkanban gilt es, bei der Gestaltung der Transportbehälter auf Größe und Form der Teile, Handhabung, Sicherheit und Unterscheidbarkeit der Behälter zu achten. Um Verwechslungen vorzubeugen, sollte auf jedem Kanban-Behälter das zu transportierende Material, z. B. über eine Artikelnummer, vermerkt sein. Um unnötige und kostspielige Transporte zu vermeiden, sollte die Größe des Behälters der Produktionslosgröße des Materials angepasst sein.

Kanban-Tafeln

Kanban-Tafeln erfüllen mehrere Funktionen in den Regelkreisen. Sie dienen der Reihenfolgeplanung der durch verschiedene Kanban-Karten ausgelösten Produktionsaufträge sowie der Kapazitätsplanung und der Einteilung der Kanbans in unterschiedliche Dringlichkeitsstufen. Kanban-Tafeln verhindern auch den Verlust von Kanban-Karten, indem ein einheitliches Aufbewahrungssystem für die am Produktionsablauf beteiligten Karten verwendet wird. Obwohl dieses Hilfsmittel nicht essentiell für ein Kanban-System ist, wird die Verwendung solcher Tafeln aus den genannten Gründen empfohlen.

Eintreffende Kanban-Karten werden gemäß ihrer Artikelnummer in die freien Felder der Tafel von links beginnend abgelegt. Sobald eine neu eingetroffene Karte das Feld „Start“ erreicht, werden alle betreffenden Produktionsaufträge für diese Artikelnummer ausgeführt. Zusätzlich kann das Feld „Eilt“ für Sonderaufträge verwendet werden. Für eine funktionierende Kanban-Tafel ist es wichtig, dass die Anzahl der zuzuordnenden Karten nicht zu hoch wird. Andernfalls entfällt der Vorteil der Übersichtlichkeit, und mögliche Störungen oder Engpässe im System werden nicht erkannt.

Kanban-Tafeln mit Strichcode:

Es ist möglich, mit dreistufigen Informationen den Zustand „Bestellt“ oder „Wird in Kürze geliefert“ neben der Signalisierung der Zustände „Voll“ und „Nachzuliefern“ auf Kanban-Tafeln mit einem einfachen Schiebemechanismus darzustellen. Eine Farbe wie Grün bedeutet beispielsweise „Voll“ oder „ausreichend Material enthalten“. Wenn der Strichcode durch das Verschieben der Tafel sichtbar wird, beispielsweise auf gelbem Untergrund, bedeutet dies eine Anforderung zur Nachlieferung. Durch Scannen des Strichcodes wird ein Lieferauftrag erzeugt und elektronisch verarbeitet, während die Tafel weiter auf beispielsweise Rot verschoben wird, um den Scanvorgang zu dokumentieren und allen zu signalisieren, dass die Ware in Kürze eintreffen wird. SLIDELOG ist ein Beispiel für eine solche Schiebetafel. Diese Methode ist besonders geeignet an den Endpunkten von EDV-Systemen, bei denen eine vollelektronische Erfassung zu umständlich oder zeitintensiv wäre.

Signal-Kanban für Pufferbestände:

Eine weitere Form von Kanban arbeitet ohne bewegliche Karten als Hilfsmittel: Die Steuerung erfolgt durch visuelle Überwachung der Pufferbestände, welche an festgelegten Plätzen in der Nähe der Quelle gelagert werden. Diese Lagerplätze sind durch ortsfeste, meist dreieckige Karten, welche Maximal- und Minimalbestände ausweisen, gekennzeichnet. Sobald eine Materialart den Minimalbestand erreicht hat, beginnt die Nachproduktion. Es empfiehlt sich, solche Lagerflächen in verschiedenfarbige Segmente zu unterteilen, um die Übersichtlichkeit für die Quelle zu erhöhen.

E-Kanban:

Moderne Produktionssysteme sind aufgrund ihrer Komplexität und Variantenvielfalt häufig auf einen starken Einsatz von Informationstechnologie angewiesen. Es ist daher wichtig, dass Unternehmen die Kanban-Systematik in ihr PPS-System integrieren. Verschiedene Hersteller wie SAP, CellFusion und andere bieten Lösungen an, die eine kanbangesteuerte Zuliefererkette auch über das Internet ermöglichen. Dadurch wird Kanban auch für Unternehmen möglich, deren Standorte weit verteilt sind oder die auf andere Unternehmen als Zulieferer angewiesen sind. Es entstehen jedoch zahlreiche Schnittstellen, die von einem solchen PPS-System bedient werden müssen. Die Bereiche Produktionssteuerung, Einkauf, Qualitätssicherung, Transport und Montage sind unter anderem betroffen und müssen Elemente der EDV sein. Um eine fehlerarme Systematik zu schaffen, empfiehlt sich der Einsatz von Kanban-Karten, die mit Barcodes versehen sind. Durch diese Karten kann der Status eines Artikels von „vorhanden“ auf „Nachproduktion“ umgestellt werden und somit automatisch einen Produktionsauftrag beim Lieferanten auslösen. Bei Wareneingang wird das Material durch erneutes Abscannen wieder als „vorhanden“ eingebucht. Es ist von besonderer Wichtigkeit, dass sowohl der Verbrauch als auch der Eingang von Materialien von den Mitarbeitern konsequent erfasst werden. Andernfalls können sich aufgrund der unter Umständen langen Lieferzeiten wiederum Stockungen in der Produktion ergeben.

Ein weiterer Vorteil eines EDV-gestützten Kanban-Systems ist, dass sich alle Regelkreise, Quellen und Senken sowie Pufferlager jederzeit grafisch darstellen lassen und somit Engpässen oder Problemen schnell entgegengewirkt werden kann. Oft wird die Zuliefererkette durch dynamische Netzpläne grafisch dargestellt, wodurch Schwachstellen leichter identifiziert werden können. Ein Beispiel für den erfolgreichen Einsatz von E-Kanban über eine große räumliche Distanz stellt das Daimler-Werk in Sindelfingen dar, welches die Bestellung von Sitzleder bis zum Erzeuger in Südafrika erfolgreich steuert.

Beispiel aus der Produktion:

Die praktische Umsetzung eines elektronischen Kanban-Systems soll anhand eines realen Beispiels eines Luxusartikelherstellers verdeutlicht werden, der im Jahr 2003 ein solches System eingeführt hat. Das Ziel war, die Durchlaufzeiten in der Produktion sowie die damit verbundene Kapitalbindung zu reduzieren. Der hohe Anteil von AB-XY-Teilen mit ca. 66 % bei den Produkten des Herstellers, welche sich durch ihren relativ konstanten Verbrauch gut für die Kanban-Fertigung eigneten und einen großen Teil des Gesamtumsatzes ausmachten, erwies sich als vorteilhaft. Für die verbleibenden Teile, die weniger gut für Kanban geeignet waren, wurden größere Lagerbestände eingeführt, um Schwankungen im Bedarf zu kompensieren. Ebenso sollten die bis dahin vorhandenen hohen Lagerbestände deutlich reduziert und gleichzeitig die Liefertreue gesteigert werden. Im Vorfeld wurden die beteiligten Prozesse einer genauen Prüfung auf ihre Eignung unterzogen und die Mitarbeiter umfassend geschult, um Verständnis und Akzeptanz für das neue System zu erzielen. Die vorhandene Software im Unternehmen wurde um die Kanban-Funktionalität erweitert, um softwareseitige Probleme zu minimieren. Zur Schaffung einer möglichst fehlerfreien Auftragsverwaltung wurde eine Barcode-Systematik eingeführt, welche durch einfaches Abscannen der Kanban-Karten Produktionsaufträge auslöst und auch abschließt. Externe Zulieferer, die die Voraussetzungen für Kanban erfüllen konnten, sind mittlerweile direkt in die Kanban-Regelkreise integriert, und die restlichen Zulieferer wenden Meldebestandsverfahren an, um ihre herkömmlichen PPS-Systeme weiterhin verwenden zu können.

Insgesamt führte dies zu einer Senkung der Lagerbestände um 48 % und durch Reduktion der Rüstzeiten und Produktionslosgrößen zu einer gesteigerten Flexibilität bei Bedarfsänderungen. Ebenso konnte die Lieferbereitschaft auf 98 % erhöht werden, was bisher durch Bevorratung in Lagern nicht zu erreichen war. Somit konnte die Fertigung effizienter gestaltet und die Kundenzufriedenheit gesteigert werden, was das Unternehmen als sehr positiv wertet.

Nachteile und Probleme:

Obwohl sich das System einfach anhört, ist die Umsetzung komplex. An der Verbrauchsstelle muss Platz für mindestens zwei Gebinde jedes Teils vorhanden sein. Die Gebindegröße und die Anzahl der Gebinde hängt von den räumlichen Maßen der einzelnen Artikel, dem Materialbedarf pro Tag, dem angestrebten Sicherheitsbestand, der angestrebten Reichweite des Vorrats und somit der Frequenz des Auffüllens sowie dem Platzangebot an der Verbrauchsstelle ab. Die Vorfertigung und der innerbetriebliche Transport müssen abgewickelt werden können, bevor der Vorrat an der Verbrauchsstelle erschöpft ist.

Es gibt auch Produktionsabläufe, bei denen statt nach Verbrauch „auf Halde“ produziert wird, beispielsweise Kunststoffteile oder Stanzteile. Das Einrichten der Maschinen (Formenwechsel beziehungsweise Werkzeugwechsel) dauert lange und die Anlaufverluste (Ausschuss) sind hoch. Hier wird entweder nach Durchschnittsverbrauch, aufgrund eines Absatzplans oder eines Regelkreises mit Auslösebestand, Mindestbestand, Höchstbestand und eventuell optimaler Losgröße der Bedarf einer bestimmten Periode befriedigt.

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